Ansicht Frankenau | zur Startseite Ansicht Frankenau | zur Startseite
 

Der große Brand vom Jahre 1865

Dem alten Frankenau setzte am 22. April 1865 eine furchtbare Feuersbrunst ein Ende. In wenigen Stunden standen dreiviertel aller Häuser in Flammen.

 

Lesen wir, was ein Augenzeuge, der damalige Lehrer Jakob Funk, darüber berichtet (Schulchronik Frankenau, 4.8.1880). „Im Jahre 1865 wurde die hiesige Stadt durch ein furchtbares Brandunglück heimgesucht. Am Abend des 22. April erscholl um die Zeit des Abendläutens der schauervolle Ruf: Feuer! Feuer!

 

Ich eilte auch dahin, wo’s brannte, und sah, daß das Haus des Daniel Schäfer, Conrads Sohn, in Flammen stand, bemerkte aber auch zu meinem Erschrecken, daß ein scharfer Ostwind die Flammen des brennenden Hauses, das am östlichen Saume der Stadt stand, auf die benachbarten Häuser trieb. Ich eilte alsbald wieder in das Schulhaus, um den Meinigen Nachricht zu geben. Kaum hatte ich mich gesetzt, als das Lärmen und Hülferufen auf der Straße immer lauter wurde.

 

Der heftige Ostwind hatte die Flammen immer weiter auf die Dächer der benachbarten Häuser und Scheunen geweht, und da noch viele Strohdächer da waren, und die meisten Wohnhäuser dicht aneinander standen, so war nach wenigen Stunden der größte Theil der Stadt abgebrannt, darunter auch das Rathaus, die Kirche, der Thurm, das neue städtische Haus, worin Arzt und Apotheker wohnten. 16 Häuser, theilweise auch mit Scheuern, am nordwestlichen Saume der Stadt stehend, blieben vom Feuer verschont. Zu der letzten Reihe gehörte auch das große, schöne Schulhaus.

 

Es war zwar auch in großer Gefahr, denn ihm gerade gegenüber auf der anderen Seite brannte noch ein Haus ab, aber mehrere Feuerspritzen hielten das Schulhaus fortwährend kalt, und im entscheidenden Augenblicke drehte sich der Wind und das Schulhaus war gerettet“ Es war ein schauervoller Morgen, der Morgen nach der Brandnacht. Überall rauchende Trümmerhaufen, überall jammernde Männer, Frauen und Kinder, denen es an Allem mangelte. Die wenigen Habseligkeiten, die zu retten gewesen waren, lagen in den benachbarten Gärten.

 

Auch ich hatte Klavier, Kleiderschränke nebst Kleidern, Frucht vom Boden usw. auf ein benachbartes Grundstück tragen lassen. Wie froh war ich mit den Meinigen, als ich gegen Morgen wieder in das Schulhaus einziehen konnte. Am 23. April 1865, also am Tage nach der Brandnacht sollten die Kinder konfirmiert und dann wie gewöhnlich auch das heil’ge Abendmahl der Gemeinde gespendet werden. Das konnte nun nicht geschehen, und die Konfirmation mußte verschoben werden bis zu Pfingsten desselben Jahres.

 

Die abgebrannten Einwohner quartierten sich nun manche in die verschont gebliebenen Häuser und Stallungen ein, andre bauten sich kleine Hütten auf dem sogenannten heiligen Land oder in die Nähe des Schulhauses, zwei Familien wohnten in dem Rumpfe des Thurmes, andre wohnten eine Zeit lang in benachbarten Ortschaften.

 

In den ersten vier Wochen nach dem Brand, also während des ganzen Monats Mai wurde keine Schule gehalten, weil die beiden Schulsäle zur Aufbewahrung der eingegangenen milden Gaben, die reichlich aus der Nähe und aus der Ferne kamen, dienten. Diese milden Gaben bestanden in Lebensmitteln, Kleidern aller Art usw...

 

Die Stadt selbst wurde in den Jahren 1865-1867 wieder aufgebaut, und zwar regelmäßiger und schöner als vorher. Die Straßen wurden chaussiert und viel breiter angelegt als früher, und zwischen den Wohnhäusern große luftige Zwischenräume gelassen..."

 

Die Meldung des Bürgermeisters Finger am Tage nach dem Brand hatte folgenden Wortlaut: „Gestern abend gegen 7 3/4 Uhr ist in hiesiger Stadt Feuer ausgebrochen und hat sich so schnell ausgebreitet, daß bis gegen 2 Uhr ca. 120 Wohnhäuser mit Ökonomie-Gebäuden niedergebrannt sind. Über die Entstehung des Brandes, welcher bei Daniel Schäfer Konrad Sohn zuerst ausgebrochen, hat bis jetzt nicht ermittelt werden können ...“

 

Der unglückliche Besitzer des Hauses, das zuerst brannte, wurde mit Verwünschungen überschüttet. Obwohl eine gerichtliche Untersuchung stattfand, wurden jedoch keine Beweise für die Brandstiftung gefunden. Der Mann ist noch im Brandjahr nach London ausgewandert und hat seine Frau mit drei unmündigen Kindern zurückgelassen.

Wie erzählt wird, soll später ein anderer Ausgewanderter, um sein Gewissen zu erleichtern, brieflich eingestanden haben, daß er der Brandstifter sei.